Antonín Dvořák
Piano Trios 3 & 4
Trio Orelon
cpo 555 688-2
1 CD • 73min • 2024
24.11.2025
Künstlerische Qualität:![]()
Klangqualität:![]()
Gesamteindruck:![]()
Das Trio Orelon, das sich beim ARD-Musikwettbewerb 2023 mit hinreißenden Beethoven- und Schubert-Interpretationen den ersten Preis und den Publikumspreis erspielte, hat die mit diesen Preisen verbundene Möglichkeit, eine Aufnahme beim Bayerischen Rundfunk einzuspielen, genutzt, um sich mit dem dritten und vierten Klaviertrio von Antonin Dvořák auseinanderzusetzen. Eine mutige Entscheidung, da zumindest die Dumky op. 90 zu den am häufigsten eingespielten Kompositionen für diese Besetzung gehören. Der Name „Orelon“ stammt übrigens aus dem Esperanto und bedeutet „Ohr“.
Energische Melancholie
Antonín Dvořáks düster-leidenschaftliches Klaviertrio in f-Moll op. 65 entstand im Jahre 1883, in der Zeit der Siebenten Sinfonie und kann als Verarbeitung zweier Schicksalsschläge, des Todes der Mutter Ende 1882 und der teutonisch-arroganten Kritik seines Verlegers Fritz Simrock an der Qualität seiner gerade uraufgeführten Oper Dmitrij angesehen werden. Bereits die Wahl der Tonart von Beethovens Appassionata und Quartetto serioso op. 95 sowie von Brahms‘ Klavierquintett op. 34 lässt auf den Anspruch des Komponisten, Herausragendes zu schaffen, schließen. Er löste diesen Anspruch in vollkommener Weise ein, indem er beweist, dass auch böhmisch-musikantische Themen auf allerhöchstem kompositorischem Niveau in der Manier Johannes Brahms‘ motivisch verknüpft und entwickelt werden können. Interessant und originell ist hier die Folge der Tonarten mit Ecksätzen in f-Moll, Scherzo in cis-Moll (eigentlich des-Moll) mit Trio in Des-Dur und Adagio in As-Dur.
Liszt und die Folgen
Manche werden sich fragen, wieso Dvořáks op. 90 Dumky-Trio heißt. „Dumky“ ist der Plural von „Dumka“, einer der ukrainischen Folklore entstammenden Kombination aus einem langsamen rhapsodisch-balladesken Einleitungsteil mit einem sich anschließenden schnelleren Tanzabschnitt. Franz Liszt nahm zwei Dumki in seine 1847 auf dem Gut der Fürstin Sayn-Wittgenstein entstandenen Glanes de Woronice auf und machte die Gattung so in Europa bekannt. Diese mit dem Csárdás verwandte Form hatte Dvořák bereits in zwei Klavierstücken op. 12 und op. 35 sowie in dreien seiner Slawischen Tänze (Nrn. 2,10,12) verwendet. Die 6 Dumki des Trios stehen alle in verschiedenen Tonarten. Den Eindruck klassischer Viersätzigkeit erreicht Dvořák, indem er die ersten 4 Dumky durch ein „attacca“ zu einer Großform verschmilzt. Somit ist die Angabe e-Moll für das Gesamtwerk, die nur auf die erste Dumka zutrifft, wenn man nicht von a-Phrygisch ausgehen will, was den A-Dur Abschluss von Dumka 4 und damit der ersten Großeinheit erklären würde, eher irreführend. Die drei restlichen Dumky stehen dann in d-Moll, Es-Dur und c-Moll. Somit ein schönes Beispiel für die geschickte Vermeidung der strikten, 1890 bereits unmodern gewordenen Sonatenform durch eine suitenartige Anlage.
Ordentliche, aber nicht herausragende Interpretation
Dem Trio Orelon gelingt eine ordentliche, jedoch nicht zu hundert Prozent ausbalancierte Aufnahme. Dies liegt vorwiegend an der Überpräsenz des Klaviers gegenüber den Streichern. Zugegeben, der Klaviersatz ist in seiner Dichte höchst anspruchsvoll, jedoch darf reine Figuration niemals für die Komposition wichtigere Melodielinien der Streicher überdecken. Dies hätte der Tonregie unbedingt auffallen müssen. Auch sind die Piano- und Pianissimo-Vorschriften in den Streichern relativ zu verstehen. So klingt es, als würden sie sich einem wesentlich transparenteren Bösendorfer von 1860 anpassen. Dadurch wirkt das Ganze etwas blutleer. Das hatten das Smetana-Trio sowie Lars Vogt mit den Geschwistern Tetzlaff in ihren Aufnahmen wesentlich besser im Griff.
Die Aufnahmetechnik ist viel zu klavierlastig. Der Booklet-Text geht in Ordnung.
Fazit: Keine Referenzaufnahme, ohne wirklich schlecht zu sein.
Vergleichsaufnahmen: Smetana-Trio, Supraphon - Vogt, Tetzlaff, Tetzlaff - Ondine.
Thomas Baack [24.11.2025]
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Komponisten und Werke der Einspielung
| Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
|---|---|---|
| CD/SACD 1 | ||
| Antonín Dvořák | ||
| 1 | Klaviertrio Nr. 3 f-Moll op. 65 | 00:40:18 |
| 5 | Klaviertrio Nr. 4 e-Moll op. 90 (Dumky) | 00:32:15 |
Interpreten der Einspielung
- Trio Orelon (Klaviertrio)
