Wolfgang Amadeus Mozart
Music for Horn
Glossa GCD 921110
1 CD • 74min • 2006, 2008
06.11.2009
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Nicht nur die Jagd- und Waldhornbläser wissen die Klangschönheit ihrer Instrumente zu schätzen. Empfindlichkeit der wohltuend romantischen Tonbildung und die Anfälligkeit für mißliebige Ausrutscher sind jedoch der Preis ihrer Beliebtheit und Ansprüche. Vor allem die musikalische Begrenzung auf schlichte Dreiklangsharmonien (Harmoniemusik) – „das Horn ruht sich aus“ – hat bei anspruchsvolleren Hornbläsern zur Zeit Mozarts zur Erweiterung des Spielraumes für Melodien und Begleitfiguren geführt. So behalf man sich zur Erweiterung der Tonskala durch das Stopfen mit der Hand im Schalltrichter. Später erst, im 19. Jahrhundert, führte die Erfindung von Ventilen zur erleichterten Verfügbarkeit aller chromatischen Zwischentöne. Mozart ärgerte sich daher zu seiner Zeit über so manches dilettantische Hornblasen mit vielen Patzern der Dorfmusikanten. Sein Musikalischer Spaß ist aber nicht nur ein deftiger Spott auf derlei Unvollkommenheiten, sondern mehr noch auf ein offensichtlich stark verbreitetes dilettantisches Komponieren. Frans Brüggens Ensemble-Mitglieder provozieren mit der Wiedergabe dieser klingenden Zeitkritik einen drastischen Vergleich zu der hier dargebotenen Auswahl von Mozarts formvollendeten Meisterwerken für das Horn. Als Kontrast zu den perfekten Darbietungen, begleitet von der authentischen Besetzung seines Orchester des 18. Jahrhunderts, führt Brüggen mit überraschender Lust und Perfidie den bissigen Spott des Dorfmusikantensextettes als besondere Pointe des Gesamtprogrammes vor. Der Popularität dieses häufig zu hörenden Dauerbrenners verleiht er so eine extrem anschauliche Radikalität des vermeintlich Lustigen.
Im Gegensatz dazu widmete Mozart seine Hornkompositionen – Spitzenbeiträge dieses Genres – einer damaligen Ausnahmebegabung: Joseph Leutgeb. Dieser Hornbläser muß ein Genie gewesen sein, denn Mozart überhäufte ihn geradezu mit schier unspielbaren Herausforderungen. Für Leutgeb schienen diese jedoch kein Problem gewesen zu sein. Das Ergebnis waren durchweg zeitlos faszinierende Höhepunkte der Hornliteratur. Für spätere Bläsergenerationen verlagerten sich dank moderner Ventilhörner die spieltechnischen Probleme allerdings auf Tempo- und Artikulationsfragen, Geschmeidigkeit des Klanges und Vortragstechniken. Die moderne Wiederentdeckung der historischen Aufführungspraxis mit Naturhörnern erwies sich jedoch schnell als eine neue Quelle alter Herausforderungen. Zu einem der führenden Protagonisten wurde Hermann Baumann, dessen Schüler und Nachfolger sich immer mehr zu Spitzenkönnern ihres Fachs entwickelten.
Ein neuer Name unter ihnen auf dem Weg zu internationalem Rang ist Teunis van der Zwart, der sich mit vorliegender CD einer ersten Auswahl der Hornschätze Mozarts gewidmet hat. Als Duett-Partner der virtuosen Schaustücke für zwei Naturhörner KV 487 muß auch Erwin Wieringa genannt und mit Beifall bedacht werden. Unbedingt hervorzuheben als Programmschwerpunkte sind die Wiedergabe von Mozarts Hornkonzert Nr. 3 (KV 447), Publikumsfavorit unter den insgesamt vier Geschwisterwerken Mozarts, und das kammermusikalisch köstliche, viel zu selten aufgeführte Quintett KV 407 mit seinem schwungvoll-irrwitzigen Schlußrondo. Kurzum, ungetrübte Zustimmung zu dem Gesamtprojekt wäre angezeigt, bliebe nicht die Sopranistin Claron McFadden als Solistin der vom Solo-Naturhorn illustrierten Arie Lunga da te aus Mitridate KV 87 der (italienisch gesungenen) Textverständlichkeit und den bühnendramatischen Emotionen von Liebe, Leid und Leidenschaft so gut wie alles schuldig: Die Textübersetzung klingt wie eine Mahnung: „So vergesse ich meine Pflichten und auch mich selbst.“
Dr. Gerhard Pätzig [06.11.2009]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
1 | Duo Nr. 8 KV 487 für 2 Hörner – Allegro | 00:01:28 |
2 | Quintett Es-Dur KV 407 für Horn, Violine, 2 Violas und Violoncello | 00:15:48 |
5 | Duo Nr. 7 KV 487 für 2 Hörner – Adagio | 00:02:14 |
6 | Duo Nr. 2 KV 487 für 2 Hörner – Menuetto | 00:02:13 |
7 | Lungi da te (Arie des Sifare - aus: Mitridate, rè di Ponto) | 00:08:28 |
8 | Duo Nr. 3 KV 487 für 2 Hörner – Andante | 00:02:21 |
9 | Duo Nr. 12 KV 487 für 2 Hörner – Allegro | 00:01:37 |
10 | Hornkonzert Nr. 3 Es-Dur KV 447 | 00:14:52 |
13 | Duo Nr. 9 KV 487 für 2 Hörner – Menuetto | 00:02:00 |
14 | Duo Nr. 5 KV 487 für 2 Hörner – Larghetto | 00:01:21 |
15 | Ein musikalischer Spaß KV 522 (Dorfmusikanten-Sextett) | 00:19:55 |
19 | Duo Nr. 4 KV 487 für 2 Hörner – Polonaise | 00:01:00 |
Interpreten der Einspielung
- Teunis van der Zwart (Horn)
- Erwin Wieringa (Horn)
- Claron McFadden (Sopran)
- Orchestra of the 18th Century (Orchester)
- Frans Brüggen (Dirigent)