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Besprechung CD

Nutcracker Unwrapped

Winter Tales From Around The World
Asya Fateyeva

Berlin Classics 0304161BC

1 CD • 61min • 2025

09.12.2025

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Der Nussknacker ist ein Evergreen, der jedes Jahr aufs Neue die Konzertsäle füllt – aber braucht es wirklich eine weitere Einspielung? Asya Fateyeva und Wolf Kerschek beweisen auf „Nutcracker Unwrapped", dass die Antwort ein entschiedenes Ja sein kann, wenn man bereit ist, die Musik hinter Tschaikowskys Ballett mit frischem Geist neu zu denken. Die im November 2025 bei Berlin Classics erschienene Aufnahme zeigt, dass dabei mehr als eine bloße Transkription herauskommen kann: Denn hier werden die musikalischen Rollen neu gedacht, vor allem weil das Saxophon ins Zentrum der orchestralen Erzählung rückt – und weil mit Asya Fateyeva eine Musikerin auftritt, die souverän in der Gegenwart unterwegs ist, was vor allem auch Grenzen zwischen Interpretation und Improvisation öffnet. Selbstbewußte Aneignung Schon der Titel von Wolf Kerscheks Arrangement „Nuts, Crackers and Borrowed Pieces" stellt klar, dass hier eher die selbstbewusste Aneignung als die ehrfurchtsvolle Annäherung an das Original gemeint ist – und das strahlen auch die verwandelten Stücke aus: Der berühmte Marsch erscheint in „March & Walk" rasant und graziös zugleich, die Zuckerfee wird zur „Sugarhigh Fairy", deren verspielter Charakter auch mit jazzigen Improvisationen aufwartet. Das lässt wiederum alles Balletthafte hinter sich und tut sein Übriges, um die Attraktivität von Tschaikowskys Tonsprache aus ihrer festlichen Erstarrung zu lösen. Im Zentrum steht dabei Asya Fateyeva mit ihrem charaktervollen Saxophonspiel, das hier eine attraktive Bandbreite offenbart, changiert doch ihr Spiel sehr beweglich zwischen klassischer Eleganz und jazziger Phrasierung. In „Dance to the East" etwa öffnet ihr Spiel auch mal den Klangraum zu orientalischen Farben, ohne dabei in Exotismus zu verfallen. Die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter Vilmantas Kaliunas agiert dabei erfreulich artikuliert und nimmt als gleichberechtigter Partner Fateyevas flexible Gestik in jedem Moment dankbar auf. Saxofon und Stimmen verschmelzen Die zweite Hälfte des Albums spannt einen ganz anderen Bogen: internationale Weihnachtslieder, die gemeinsam mit dem Vokalensemble Niniwe Vocal Art entstanden sind. Die Stimmen umgeben dabei stimmig Fateyevas Saxofonlinien, schaffen Räume und verdichten sich zu chorischen Momenten, die an liturgische Traditionen erinnern, ohne je ins Sakrale abzugleiten. Mykola Leontovychs „Carol of the Bells" erklingt mit einer rhythmischen Dringlichkeit, die an die ukrainischen Wurzeln des Stücks erinnert – die Stimmen von Niniwe schaffen hier eine Kreisbewegung, in die sich Fateyevas Saxophon mit ornamentalen Linien einwebt. Dialog zwischen Tradition und Gegenwart Benjamin Brittens „Corpus Christi Carol" entfaltet eine melancholische Tiefe, die durch Fateyevas Saxophon eine zusätzliche Verletzlichkeit erhält. Hier zeigt sich einmal mehr, wie das Ensemble unter der künstlerischen Leitung von Nino Jvania und mit Sängern wie Sopranistin Ekaterina Kichigina eine sakrale Atmosphäre erzeugt, ohne ins Pathetische abzugleiten. Das tschechische „Rózsů Dejte" von Jiří Tranovský erklingt in einer Bearbeitung, die slawische Melodik mit modernen Harmonien verschränkt – ein subtiler Dialog zwischen Tradition und Gegenwart. Hugh Martins „Have Yourself a Merry Little Christmas" schließlich erhält durch die Kombination von Saxophon und Vokalensemble eine jazzige Wärme, die dem amerikanischen Standard neue Facetten abgewinnt. Nicht alles überzeugt gleichermaßen. Das Weihnachtsjazz-Arrangement von „O Jesulein zart" überschreitet eine geschmackliche Grenze, die aber dem Rest des Albums fremd ist. Glücklicherweise bleibt dieser "Ausrutscher"die Ausnahme, und die übrigen Stücke gehen künstlerisch wieder in sehr unverbrauchte Richtungen. Fazit: „Nutcracker Unwrapped" bietet ein musikalisches Wintermärchen für Hörer, die festliche Musik nicht als Konserve, sondern als lebendige Kunstform begreifen. Fateyeva etabliert das Saxophon dabei überzeugend als Instrument, das Geschichten erzählen kann – zwischen Kulturen, zwischen Genres, zwischen Tradition und Aufbruch.

Stefan Pieper [09.12.2025]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Wolf Kerschek
1Nuts, Crackers and Borrowed Pieces 00:24:48
trad.
10O Jesulein zart 00:04:00
Jiří Třanovský
11Rosu Dejte 00:04:37
trad.
12The Snow it Melts the Soonest 00:04:32
13Noël Nouvellet 00:03:18
Benjamin Britten
14Corpus Christi Carol 00:03:42
Mykola Dmytrovich Leontovych
15Carol of the Bells 00:02:45
Hugh Martin
16Have yourself a merry little Christmas 00:03:20
Christoph Israel
17Weihnachts-Medley
trad.
18Adeste fideles
19Es ist ein Schnee gefallen 00:02:45

Interpreten der Einspielung

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