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Besprechung CD

»Dear Ophelia«

Meredith Wohlgemuth Soprano • Jinhee Park Piano

GWK Records 165

1 CD • 65min • 2024

18.11.2025

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Beim 4. LiedDuo Wettbewerb in Dortmund 2023 gewannen die amerikanische Sopranistin Meredith Wohlgemuth und die koreanische Pianistin Jinhee Park den 1. Preis und setzten sich damit gegen 40 internationale Mitbewerber durch. Die vorliegende Produktion ihres Debüt-Albums durch gwk records ist ein Bestandteil ihres Preises und berechtigt zu großen Hoffnungen für die Zukunft der beiden Künstlerinnen.

Emotionale Identifikation

In den USA ausgebildet trat Meredith Wohlgemuth im Jahr des Wettbewerbs ein Festengagement an der Staatsoper Hannover an, wo sie bislang Partien wie Adina (L’elisir d’amore), Giulietta (I Capuleti e i Montecchi), Gretel und Sophie sang, die dem (leichteren) lyrischen Fach zuzuordnen sind. In diesem Recital lässt sie jedoch eine Stimme erkennen, die deutlich zum lyrisch-dramatischen Zwischenfach tendiert. Dafür spricht schon, dass ihr strahlender Sopran auf einem natürlichen Altfundament ruht und bereits jetzt beträchtliche Expansionskraft hat. Beeindruckend sind die reichen Ausdrucksmöglichkeiten dieser Stimme, die sehr bewusst ausgespielt werden. Die vorbildliche Textdeutlichkeit, eine Vortragstugend, die selbst bei Muttersprachlerinnen heute nur noch selten anzutreffen ist, ermöglicht es Wohlgemuth, sich ganz auf den Inhalt der Lieder einzulassen und sie erreicht dabei, im Zusammenwirken mit der sensiblen Pianistin Jinhee Park, ein hohes Maß an emotionaler Identifikation. Auch Vertrautes wie Schuberts Gretchen am Spinnrade hört man durch die existentielle Dringlichkeit des Vortrags wie zum ersten Mal.

Im Dienste Shakespeares

Meredith Wohlgemuth verfügt über ein genuines Bühnentemperament. Jedes Lied ist eine kleine Theaterszene. Das wird besonders deutlich in den Ophelia-Gesängen von Richard Strauss und Alison Bauld (Jg. 1944). Die australische Komponistin war vor ihrem Musikstudium als Schauspielerin (vor allem in Shakespeare-Rollen) tätig und das merkt man deutlich in Ophelia’s Lament, in dem die Musik den Text nur durch einfache Akzente stützt. Ophelias Wahnsinnszene (Hamlet IV/5) wird zum Monodrama, in das die Einwürfe von König und Königin eingebettet sind. Eben diese Szene bildet auch die Grundlage der drei Lieder Ophelias op. 6 in der deutschen Übersetzung von Karl Simrock, die Richard Strauss 1918 quasi als Strafarbeit schrieb, um seinen durch den Krämerspiegel beleidigten Verleger (Bote & Bock) zu versöhnen. Die Sängerin rückt in ihrer Interpretation Strauss und Bauld im Dienste Shakespeares nahe aneinander, indem sie mit hochexpressivem Gesang, der oft die Grenze zum Sprechen überschreitet, das Drama in den Mittelpunkt stellt.

Rundum geglückt

Überaus lebendig geraten ist auch die Wiedergabe der Ariettes oubliées von Claude Debussy auf Texte von Paul Verlaine, in denen Sängerin wie Pianistin eine reiche Farbpalette zeigen und den impressionistischen Stil der Musik mit leidenschaftlichen Akzenten aufmischen. Auch hier gilt der Gestaltung des Textes besondere Liebe und Sorgfalt, der Dichter kommt wirklich zu seinem Recht, was auch in der Intention des Komponisten lag, der den 1888 erstmals gedruckten und 1903 neu veröffentlichten Zyklus schließlich seiner ersten Mélisande Mary Garden widmete und mit ihr auch einige Titel daraus aufnahm. In der bisherigen Diskographie kann die Interpretation von Meredith Wohlgemuth und Jinhee Park einen herausragenden Platz beanspruchen. In summa: ein rundum geglückter Einstieg.

Ekkehard Pluta [18.11.2025]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Franz Schubert
1Der Zwerg op. 22 Nr. 1 D 771 00:05:30
Robert Schumann
2Widmung op. 25 Nr. 1 00:02:18
3Lied der Suleika op. 25 Nr. 9 (Wie mit innigstem Behagen) 00:03:02
Franz Schubert
4Suleika II D 717 (Ach, um deine feuchten Schwingen) 00:04:24
5Suleika I D 720 (Was bedeutet die Bewegung?) 00:05:42
6Gretchen am Spinnrade op. 2 D 118 00:04:16
Richard Strauss
7Wie erkenn ich mein Treulieb vor andern nun? op. 67 Nr. 1 00:02:30
8Guten Morgen, 's ist Sankt Valentinstag op. 67 Nr. 2 00:01:22
9Sie trugen ihn auf der Bahre bloß op. 67 Nr. 3 00:03:49
Robert Schumann
10Meine Rose op. 90 Nr. 2 00:03:53
Claude Debussy
11C'est l'extase langoureuse (aus: Ariettes oubliées) 00:02:54
12Il pleure dans mon coeur (aus: Ariettes oubliées) 00:02:39
13L' ombre des arbres (aus: Ariettes oubliées) 00:02:35
14Chevaux de bois (aus: Ariettes oubliées) 00:03:29
15Aquarelles I (Green - aus: Ariettes oubliées) 00:02:22
16Aquarelles II (Spleen - aus: Ariettes oubliées) 00:02:30
Alison Bauld
17Ophelia's Lament 00:08:01
Franz Schubert
18Nacht und Träume D 827 00:03:41

Interpreten der Einspielung

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