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Besprechung CD

The Voice of Casals

Roger Morelló Ros Violoncello

IBS Classical IBS22023

1 CD • 61min • 2022

18.06.2023

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Der junge katalanische Cellist Roger Morelló Ros hat einen offensichtlichen Hang zu originellen Programmen. Hatte er im vergangenen Jahr Werke von Robert Schumann mit Tangos kombiniert, mischt er jetzt in einem reinen Solo-Programm zeitgenössische, von der katalanischen Folklore inspirierte und weitgehend tonale Werke mit Johann Sebastian Bach und Marin Marais. Immerhin kommt die Sarabande ja aus Spanien.

Barocco infelice

Dabei kann er mit den drei Sarabanden aus Cello-Suiten des Thomaskantors und den Voix humaines von Marais nicht recht überzeugen, da diese sich romantisch überladenen Rubati widersetzen. Agogik funktioniert, aber nur bei schlanker Artikulation und nicht, wenn man die Takthierarchie außer Acht lässt. Es sind nun mal keine Notturni mit Allonge-Perücke und Trauerrand, sondern immer noch stilisierte Tänze, die ein Verschleppen und willkürliche Fermaten sowie gefühlige Ritenuti äußerst übel nehmen und dann eben keine Geschichte mehr erzählen.

Fandango furioso

Viel besser geraten die von iberischen Tänzen sowie teilweise von Barock und Klassik inspirierten Werke des 20. und 21. Jahrhunderts, von denen die Danses de la Terra von Elisenda Fábregas (Jg.1955) und die Variationen über den Namen ‚Casals‘ von Marc Migó (Jg. 1953) im Auftrag des Interpreten entstanden. Hier handelt es sich um das, was gerne als „Spielmusik“ bezeichnet wird, weil traditionelle Formen in ein mäßig neues Gewand gekleidet werden. Der Adorno-gestählte Kritiker meckert, das Publikum hingegen ist begeistert, weil es sich anhand der Geburtsjahre der Komponisten auf wesentlich weniger Ohrenschmeichelei eingestellt hatte. Zudem kommt Ros hier wirklich ins Erzählen. Dabei sind besonders die kaleidoskopartig mit Zitaten spielenden Variationen clever gemacht, denn wer das Präludium der 1. Cello-Suite von Bach mit Schuberts Der Tod und das Mädchen nahtlos zusammenbringt, hat durchaus augenzwinkernde Anerkennung verdient.

Gaspar Cassadós Suite für Cello solo ist ein absolutes Virtuosenstück, das alle expressiven und technischen Mittel des Cellos ausnutzt. Auch sie beschreitet den Weg vom barocken Präludium zum finalen Fandango furioso.

Intensive, manchmal zu demonstrative Interpretation

Roger Morelló Ros beherrscht sein Instrument zweifelsohne virtuos. Vergleicht man jedoch seine Interpretation der Cassadó-Suite mit der von Antonio Meneses, bemerkt man, dass noch ein wenig zur lässigen Souveränität des Älteren fehlt, der die technisch akrobatischen Abläufe einfach geschehen lassen kann, ohne demonstrieren zu müssen, wie schwierig diese sind. Ros gestaltet durchaus intensiv, macht aber manchmal einfach zu viel und verliert dadurch manchmal die große Linie, was dann den Fluss des Ganzen stört. Ob man auf der A-Saite so weit und eher langsam vibriert, ist Geschmackssache, ich mag es– wenn überhaupt – nur an absoluten Höhepunkten (Elgar!). Insgesamt ist mir seine Bogenführung für Solo-Werke zu schwer und massiv. Diesen Druck bräuchte man nur gegen ein Sinfonieorchester.

Klangtechnisch gibt es nichts einzuwenden, wobei das Hi-Res-Streaming definitiv mehr Details preisgibt. Der Booklet-Text hat ein wenig den Hang zum Moralisieren, bietet darüber hinaus aber die nötigen Informationen.

Fazit: Für Cellisten und Cello-Fans schon wegen des neuen Repertoires höchst interessant. Nicht-Streicher mögen beim Streaming-Anbieter ihres Vertrauens einmal hineinhören.

Vergleichsaufnahme: Antonio Meneses, Cassado-Kodály (Avie).

Thomas Baack [18.06.2023]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Gaspar Cassadó
1Suite für Cello (à Francesco von Mendelssohn) 00:17:42
Johann Sebastian Bach
4Sarabande (aus: Suite Nr. 2 d-Moll BWV 1008 für Violoncello solo) 00:04:52
Elisenda Fabregas
5Danses de la terra 00:09:53
Marin Marais
9Les voix humaines (Pièces de viole, II. Livre) 00:06:08
Johann Sebastian Bach
10Sarabande (aus: Suite Nr. 1 G-Dur BWV 1007 für Violoncello solo) 00:03:27
Marc Migó
11Variacions sobre el nom de Casals 00:11:01
trad.
12El cant dels ocells 00:03:04
Johann Sebastian Bach
13Sarabande (aus: Suite Nr. 4 Es-Dur BWV 1010 für Violoncello solo) 00:04:23

Interpreten der Einspielung

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