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ARD-Musikwettbewerb Ein Fenster zu... Kompass

ARD-Musikwettbewerb

Mit Spielfreude und emotionaler Tiefe zu Sieg

Finale Klavier beim 74. Internationaler Musikwettbewerb der ARD

Zum Finale im Fach Klavier im Herkulessaal der Münchner Residenz traten drei preiswürdige Bewerber an: Elias Ackerley (GB), Jiwon Yang (Südkorea) und Liya Wang (China). Das Repertoire bestand aus fünf Klavierkonzerten: Einmal das schwungvoll-elegante Klavierkonzert Nr. 2 von Camille Saint-Saëns, das vierte, leicht jazzige, von Sergej Rachmaninow (das schon beim letzten Klavier-Finale 2022 dran war), das vierte von Bohuslav Martinů mit seinen emotionalen Eruptionen, das elegische 3. Klavierkonzert von Béla Bartók sowie das Klavierkonzert Nr. 2 von Sergej Prokofjew mit seinen Brutalismen. Ich hätte mich gefreut, wenn jeder Finalist ein anderes Konzert gewählt hätte, und darüber hinaus, wenn möglichst die modernen Stücke erklungen wären. Es kam anders: Elias Ackerley spielte Prokofjew, die beiden anderen wähnten sich mit Saint-Saëns sicherer. Virtuosität ist bei beiden Konzerten verlangt. Die Begleitung übernahm das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, diesmal unter Sasha Scolnik-Brower.

Mehr Spiel als tödlicher Ernst

Elias Ackerley trat als erster an. Wie im Harmoniedschungel suchend begann er das Prokofjew-Konzert, gewann aber sofort an Bestimmtheit und hatte hörbar Freude an den hart klingenden Passagen. Die monumentale Kadenz im Kopfsatz legte er als große Steigerung an, ließ es rauschen, donnern und gewittern – aber immer hatte man das Gefühl, dass da noch was fehle, dass der Solist noch mehr auftrumpfen könnte und sollte. Das Scherzo nahm er eher Toccaten-haft spielerisch, fast etüdenhaft statt martialisch gehämmert. Auch im Intermezzo mit seinem barbarischen Kolorit wollte Ackerley nicht bis ans Äußerste gehen, blieb etwas leichtgewichtig für dieses schwertgewichtig-brutale Konzert. Das spielerisch Glitzernde lag ihm mehr als die Realisation dieses grotesken Totenmarsches, ich vermisste etwas mehr eherne Härte und kantige Schroffheit. Die technischen Schwierigkeiten waren für Ackerley kein Problem, auch nicht im rasenden Allegro tempestuoso des Finales – allerdings hob er das melodische Volkston-Thema nicht singend genug hervor. Insgesamt wirkte er dadurch nicht so bezwingend wie im Semifinale mit dem Beethoven-Konzert.

Blitzesprühende Donnerläufe und flatternder Elfentanz

Dann kam Jiwon Yang. Sie legte im Saint-Saëns-Konzert schon in die präludierenden Arpeggien Bedeutung und Gewicht, ein rauschendes Statement: Hier bin ich! Sie führte deutlich als Solistin und kommunizierte durch Blickkontakt mit dem Dirigenten. Die vielen Läufe ließ sie irisierend glitzern, flimmern und flirren und gewann aus den Läufen immer wieder neue Energie. Das Piano war entschlossen bezwingend, ihre Donnerläufe sprühten Blitze, ihre Piano-Skalen- und -Arpeggien wirkten geheimnisvoll. Das Allegro scherzando war wie ein Nachklang des Mendelssohn’schen „Sommernachtstraum“, ein schleierflatternder Elfentanz. Das Finale kam dann wie ein mitreißender wirbelnder Tastentanz, so mitreißend, dass es sie fast selber vom Hocker riss – und das Publikum dazu, dessen Applaus deutlich größer war als beim Vorgänger. Ihr hätte ich gerne den Sieg gegönnt.

Bannende Atmosphäre und Spielfreude

Jetzt war man auf Liya Wang gespannt. Die spielte den Beginn etwas härter, entschlossener und zielbetonter hin zum Orchesterbeginn, entwickelte enorme Kraft in der Linken und setzte dann die lyrischen Passagen deutlicher ab, ließ die Triller wie entrückt wirken und die Läufe glitzern. Überhaupt vermittelte sie eine unmittelbar anspringende Freude am Spiel und zeigte emotionale Vertiefung in das musikalische Geschehen, selbst bei einem so brillant-virtuosen Werk. Durchs Finale tanzte sie noch rasanter, noch durchsichtiger, noch rhythmisch akzentuierter mit noch heitereren Trillern und noch mehr Spielfreude – und das Publikum applaudierte noch stärker: Damit war ihr der Publikumspreis sicher.

Die siebenköpfige Jury unter Homero Francesch braucht nicht lange, nach einer dreiviertel Stunde stand das Ergebnis fest: Den mit 15.000 Euro dotierten ersten Preis und den Publikumspreis (1.500 Euro) erhielt Liya Wang, den mit 10.000 Euro dotierten zweiten Preis sowie den Preis für die beste Interpretation der Komposition von Enno Poppe (1.000 Euro) bekam Elias Ackerley, der dritte Preis für Jiwon Yang ist mit 5.000 Euro dotiert. Zusätzlich verkündete noch Homero Francesch, der ja aus Uruguay stammt, dass Liya Wang als Siegerin 2026 nach Montevideo eingeladen ist.

Rainer W. Janka (15.09.2025)

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