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Besprechung CD/SACD stereo/surround

Scenes from the KALEVALA

BIS 2371

1 CD/SACD stereo/surround • 71min • 2017, 2018

25.04.2022

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Das finnische Nationalepos Kalevala, das der Arzt Elias Lönnrot 1835 auf Grundlage selbstgesammelter Volksdichtungen geschaffen hatte, inspirierte ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zahlreiche Komponisten zu musikalischen Werken. Das Verdienst, die Geschichten der Kalevala-Gesänge international unter Musikfreunden bekannt gemacht zu haben, kommt dabei zweifelsohne Jean Sibelius zu, der sich von ihnen während seiner gesamten Schaffenszeit zu symphonischen Kompositionen inspirieren ließ (Kullervo-Symphonie, Lemminkäinen-Legenden, Pohjolas Tochter, Luonnotar, Tapiola). Das von der Sinfonia Lahti unter Dima Slobodeniouk aufgenommene Album Szenen aus dem Kalevala widmet sich neben Sibelius Tondichtungen dreier jüngerer finnischer Meister, die ebenfalls aus dem Epos schöpften.

Heldengeschichten und Stimmungsbilder

Von allen Figuren des Kalevala hat wohl Kullervo die meisten Spuren in der Musikgeschichte hinterlassen. Die Geschichte des Unterdrückten, der sich brutal an seinen Peinigern rächt, unwissentlich seine totgeglaubte Schwester verführt und sich schließlich ins eigene Schwert stürzt, bietet in der Tat genug Anregung zu aufbrandender Leidenschaft und elegischem Pathos. An beidem lassen es weder der 1913 komponierte Kullervo des als Symphoniker hochbedeutenden Sibelius-Schülers Leevi Madetoja, noch Kullervo zieht in den Krieg fehlen, das der später vor allem als Opernkomponist bekannte Tauno Pylkkänen 1942 unter dem direkten Eindruck des Fortsetzungskrieges gegen die UdSSR schrieb.

Uuno Klamis 1943 nach rund anderthalb Jahrzehnten Arbeit fertiggestellte Kalevala-Suite dürfte, sieht man von den Sibeliusschen Tondichtungen ab, das meistgespielte Orchesterwerk nach dem finnischen Nationalepos sein. Der fünfsätzigen Komposition liegen nicht die Abenteuer der Kalevala-Helden zugrunde, sondern einzelne Szenen, deren prägnante Bildhaftigkeit Klami virtuos und farbenprächtig ins Symphonische übersetzt: die Erschaffung der Welt, das Aufkeimen des Frühlings, der Tanz der Nymphen im Nebel, ein Wiegenlied für Lemminkäinen und das Schmieden des Sampo (der magischen Mühle). Klami war ein Verehrer Ravels und Strawinskys, deren Einflüsse sich bei ihm in der Orchesterbehandlung und in manchen rhythmisch dominierten Abschnitten zeigen, allerdings verleugnet seine Musik nirgends ihre finnische Herkunft – das heißt ihre Prägung durch die von Sibelius geschaffenen Ausdrucksmittel.

Sibelius selbst ist auf dem Album mit Lemminkäinen in Tuonela vertreten, allerdings nicht in der Fassung letzter Hand von 1939, in der er das jahrzehntelang zurückgehaltene Werk 1954 schließlich drucken ließ, sondern in der bislang noch nie aufgenommenen zweiten Fassung von 1897. Im Grunde zeigt das Werk hier schon seine bekannte Gestalt, doch enthält es 1897 noch einige Takte mehr als 1939 (wodurch aber keine „Längen“ entstehen) und ist in der älteren Fassung auch etwas farbiger instrumentiert.

Stringenz und Präzision

Wer sich für Sibelius' Lemminkäinen-Legenden interessiert, wird um diese Scheibe nicht herumkommen, aber auch die übrigen Kompositionen zeigen ihre Autoren als inspirierte Meister ihres Fachs und lohnen die nähere Beschäftigung. Pylkkänens Werk scheint, ohne dass dies ausdrücklich erwähnt wird, hier ebenfalls erstmals auf CD vorgelegt worden zu sein. Um Aufnahmen der Stücke Madetojas und Klamis haben sich bereits mehrere Dirigenten verdient gemacht. Dima Slobodeniouk kann in dieser Konkurrenz in allen Ehren bestehen. Madetojas Kullervo gelingt ihm wunderbar ausgewogen. An Stringenz steht seine Darbietung Leif Segerstams Aufnahme (Finlandia), an Leidenschaftlichkeit der Einspielung John Storgårds (Ondine) nicht nach. Auch wenn die Aufführung der Klami-Suite nicht ganz so sehr in die Tiefen des Werkes dringt wie diejenige Segerstams (Finlandia), so kann man sie doch als sehr gelungen bezeichnen. Auch in den Werken Sibelius' und Pylkkänens erweist sich Slobodeniouk als sehr fähiger Kapellmeister, der die einzelnen Gruppen des Orchesters genau gegeneinander abwägt, sorgsam Acht auf Details gibt, aber nie den Zusammenhang des einzelnen Moments mit dem Ganzen außer Acht lässt. Seine Tempi sind stringent, ohne Hast auszustrahlen; Rubati setzt er dezent ein, sodass sie den Fluss der Musik beleben und nicht hemmen. Die Spielkultur der Sinfonia Lahti ist ebenso vorzüglich wie die Arbeit der Tontechnik und Kimmo Korhonens Beihefttext.

Norbert Florian Schuck [25.04.2022]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Uuno Klami
1Kalevala Suite op. 23 (Fünf Tonbilder für großes Orchester) 00:29:15
Jean Sibelius
7Lemminkäinen in Tuonela op. 22 Nr. 3 00:15:57
Tauno Pylkkänen
8Kullervo Goes to War 00:10:24

Interpreten der Einspielung

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