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Besprechung CD/SACD stereo/surround

BIS 1584

1 CD/SACD stereo/surround • 67min • 2007

15.01.2010

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Noch eine überflüssige CD zum Mendelssohn-Jubiläum? Mitnichten! Das Bergen Philharmonic Orchestra beweist zunächst einmal mehr, daß es sich seit dem Antritt von Andrew Litton als Chefdirigent (2003) erheblich weiterentwickelt hat: Ensemble-Spiel, Intonation und Klangfarbensensibilität lassen kaum mehr zu wünschen übrig. (Allenfalls das Vibrato der Flöten und Oboen sticht gelegentlich heraus.) Vor allem jedoch findet das Orchester hier zu einem ganz eigenen Mendelssohn-Klang. Er hat zwar nicht Trennschärfe, Rauheit und Farbigkeit eines Orchesters mit historischen Instrumenten und Streichern auf umsponnenen Darmsaiten (weshalb ich die fantastische Einspielung der Ersten mit der Capella Coloniensis unter Sigiswald Kuijken, cpo 999 932, immer noch bevorzuge), aber gleichwohl Saft und Kraft. Auch die Balance zwischen Streichern, Holz und Blech ist vorzüglich. Von einem Dirigenten, der bisher überwiegend mit amerikanischen Orchestern mit ihren monströsen Blechbläsern und säuselndem Holz gearbeitet hat, erwartet man eigentlich kaum Gespür dafür. Litton lotet Mendelssohns Angaben zu Dynamik, Phrasierung und Artikulation gründlich aus und gestaltet die Musik aus dem Affekt und der Beredsamkeit heraus, ähnlich wie Dirigenten, die von der historisch informierten Aufführungspraxis kommen – eine Musizierweise, mit der Litton bisher eher nicht aufwartete. Die Tempi sitzen und sind gut balanciert – bewundernswert insbesondere das Saltarello-Finale der Italienischen Sinfonie, genau auf dem schmalen Grat zwischen überhetzt und lahm, im Gestus der Phrasen schwingend, zugleich mit allem erforderlichen Biss. Künstlerisch gibt es also eine glatte 10 für die Produktion. Leider hält die Tontechnik nicht ganz mit: Manchmal verschiebt sich auf merkwürdige Weise die Mittelachse. Litton hat offenbar (was bei Mendelssohn auch geraten scheint) die Violen links-mittig hinter den ersten Violinen, die Celli rechts-mittig hinter den zweiten Violinen platziert (Kontrabässe auf der rechten Seite), doch immer wieder gibt es Stellen, in denen die Bratschen und Celli stark auf die rechte Seite zu rutschen scheinen. Da diese Stellen auch im Surround-Sound nicht natürlicher wirken als im Zweikanalmodus, scheint hier in die Balance eingegriffen worden zu sein. Ich glaube nach einem Blick in die Partitur nicht, daß dies akustischen Phänomenen infolge der Instrumentierung geschuldet ist; denkbar wäre allenfalls eine nicht korrigierbare Unstimmigkeit der Akustik der Grieg-Halle in Bergen, wo die CD aufgenommen wurde. Für den Hörer bleibt der merkwürdige Effekt, daß der Streicherklang nicht stabil ist, sondern immer wieder nach rechts ausweicht. Ein weiterer Wermutstropfen ist der recht saloppe Booklet-Text, der nahelegt, Mendelssohn habe die Drucklegung der Italienischen hinausgezögert und um 1835 „insbesondere am ersten Satz“ herumrevidiert. Tatsächlich jedoch hat Mendelssohn eine zweite Fassung der gesamten Sinfonie erstellt. Die letzten drei Sätze konnte er fertigstellen, nur nicht die Umarbeitung des ersten Satzes. Eine Einspielung dieser unfertigen Zweitfassung hat 1998 John Eliot Gardiner mit den Wiener Philharmonikern vorgelegt (DG 459156). Am Wert der spannenden Interpretationen ändert dies freilich nichts.

Dr. Benjamin G. Cohrs [15.01.2010]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Felix Mendelssohn Bartholdy
1Ruy Blas op. 95 (Ouvertüre) 00:07:48
2Sinfonie Nr. 1 c-Moll op. 11 00:30:06
6Sinfonie Nr. 4 A-Dur op. 90 (Italienische) 00:28:06

Interpreten der Einspielung

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